Podiumsdiskussion im Caritas Bildungszentrum Rheine:Zwischen Wahrheit und Hetze


Auf dem Podium nahmen Platz: Lucy Korbanek (Die Linke), Birgitt Overesch (CDU), Sarah Schwenkner (Bündnis 90/Die Grünen), Bürgermeister Dr. Peter Lüttmann sowie der Pflegefachmann Mosab Asida. Gemeinsam mit dem Publikum diskutierten sie über Fragen rund um Migration, Pflege und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
„Vorurteile, Ausgrenzungen – darüber wollen wir heute reden“, eröffnete Lehrer und Moderator Fabian Sommer die Runde. Sein Appell war deutlich: In einem Beruf wie der Pflege, der auf Vertrauen, Fachwissen und Teamarbeit basiert, können falsche Informationen und Vorurteile großen Schaden anrichten. Und er stellte die Frage, die wie ein roter Faden durch den Abend führte: Wie kann Integration gelingen, wenn Hetze und Fehlinformationen den Ton bestimmen?
Besonders eindrücklich war der Bericht von Mosab Asida. Vor zehn Jahren kam er aus Syrien nach Deutschland, absolvierte hier seine Ausbildung und arbeitet inzwischen in einem Krankenhaus. „Migranten werden in den Medien oft dargestellt als die Mutter aller Probleme“, erzählte er offen. „Dabei gibt es so viele andere Baustellen in diesem Land – Altersarmut, Infrastruktur, Außenpolitik. Trotzdem sind wir Migranten immer im Vordergrund.“ Er berichtete von persönlichen Erlebnissen: „Ich werde gefragt, ob ich Drogen verkaufe, ob ich überhaupt arbeite oder Deutsch spreche.“ Worte, die im Saal für stille Betroffenheit sorgten.
Auch die Politikerinnen und Politiker hielten mit klaren Worten nicht zurück. Lucy Korbanek betonte: „Multikulturalität ist ein Gewinn für uns alle. Ich als weiße Person kann gar nicht ermessen, wie viel Alltagsrassismus Menschen erleben. Wir müssen hinhören und für diese Menschen einstehen.“ Sarah Schwenkner ergänzte: „Wir sollten viel stärker wertschätzen, was andere Kulturen in unsere Gesellschaft einbringen.“ Birgitt Overesch hielt dagegen, Integration brauche „Maß und Mitte“: „Wir müssen kultursensibel sein, aber auch erwarten dürfen, dass diejenigen, die zu uns kommen, integrationswillig sind.“
Bürgermeister Dr. Peter Lüttmann sprach das Spannungsfeld deutlich an: Rheine sei mit 140 Nationalitäten ein gutes Beispiel für gelebte Vielfalt. „Aber unser Land hat verlernt zu diskutieren und andere Meinungen auszuhalten. Niemand interessiert sich mehr für Fakten.“ Integration sei nicht immer problemlos, man stoße bei Ressourcen an Grenzen. „Unsere Herzen sind weit, doch unsere Möglichkeiten begrenzt.“ Zugleich lobte er Asida als „wunderbaren Teil unserer Gesellschaft“.
Ein zentrales Thema des Abends war auch der Umgang mit Fake News. Journalist Uwe Evers von der Münsterländischen Volkszeitung griff die Frage nach Medienkompetenz auf – und löste damit eine angeregte Diskussion aus. „Zu viele Menschen hinterfragen Informationen nicht mehr“, warnte Schwenkner. Korbanek wiederum kritisierte, dass selbst klassische Medien rechte Narrative verstärken könnten. Overesch erinnerte daran, wie sich die Informationskultur verändert habe: „Früher hatten viele Menschen noch eine Enzyklopädie zuhause. Heute scheint ein schneller Blick auf die Überschrift zu reichen.“
Am Ende blieb die Erkenntnis: Integration gelingt nicht allein durch politische Konzepte, sondern vor allem durch Begegnung, Respekt und offene Diskussionen – so wie an diesem Abend im Caritas Bildungszentrum. Die Diskussionsrunde, organisiert vom Team der Pflegeschule als Beitrag zur Kommunalwahl, zeigte, wie wichtig es ist, unbequeme Fragen zu stellen und nicht bei einfachen Antworten stehen zu bleiben.